Reichtum muß dienen

Der Drang nach materiellem Besitz ist zum allgemeinen Streben geworden.

Der Drang, das natürliche Sein zu entwickeln, wurde durch die Sucht nach Besitz ersetzt.

“Ich fürchte: wo immer der Reichtum sich vermehrt hat, da hat der Gehalt an Religion in gleichem Maße abgenommen. Daher sehe ich nicht, wie es, nach der Natur der Dinge, möglich sein soll, daß irgendeine Wiedererweckung echter Religiosität lange Dauer haben kann. Denn Religion m u ß n o t w e n d i g sowohl Arbeitsamkeit (industry) als Sparsamkeit (frugality) erzeugen, und diese können nichts anderes als Reichtum hervorbringen. Aber wenn Reichtum zunimmt, so nimmt Stolz, Leidenschaft und Weltliebe in all ihren Formen zu.“
Max Weber: Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus. Area Verlag GmbH, Erfstadt. 2005. Erstausgabe Archiv für Sozialwissenschaften und Sozialpolitik, Bd. XX und XXI (1905), Seite 154).

Diese feststellbare psychologische Erscheinung tritt als geringer Grad der individuellen und kollektiven Bewußtheit der heutigen Reichen zutage, weil innerer Reichtum verloren ging und unterdrückt wurde, weil Materialismus und entsprechende gott- und seelenlose Wissenschaft und Technik perfektioniert wurden, weil echte Spiritualität zum Esoterik-Verkaufs-Hit verkommen ist.
Das energetisch und informationsmäßig neutrale Geld macht keinen schlechten Charakter, sondern bringt diesen hervor.

„Bei einem Weisen spielt der Reichtum eine dienende,
beim Toren eine herrschende Rolle.“
Seneca

Heute herrschen mehr denn je kriegerische Konkurrenz in (Welt-)Wirtschaft und (Welt-)Gesellschaft, die sämtliche legalen und illegalen Mittel nutzt, um sich Vorteile am Markt und im Kampf gegen die Konkurrenz zu verschaffen. Der sportliche Wettkampf kennt keine Solidarität, sondern nur Gewinner und Verlierer – egal mit welchen (Doping-)Mitteln.
Statt seinen vom Leben bestimmten Platz zu suchen und im Interesse der Gemeinschaft auszufüllen (seine Berufung), muß der nur noch egoistische Unternehmer (oder Besitzer von Aktienkapital) den Gewinn an Macht suchen.
Denn er braucht die Macht durch Haben und Besitzen in seiner krankhaften Sucht und in dem Religions-Ersatz des „Mammonismus“ (Geld = Gott), statt das Lebem im Sein zum Wohle aller und zum Besten zu fördern.

Und so fehlt diesem, von Gott und der Welt isolierte Typ von Wirtschaft und Gesellschaft die systemische Integration in echte Spiritualität („religio“ als Rück-Verbingung mit Gott) und in eine wirklich den Menschen und der Umwelt dienende Politik.

Der heutige Kapitalismus bewegt sich vor allem in jenen Bereichen weiter, die das kapitalistische System immer mehr wirkungsvoll untergraben, weil sie seiner Essenz nicht mehr entsprechen:
– weltumspannende Monopole (3 bis 5 bestimmende Unternehmen in allen Branchen),
Grösse (hier wird mehr Umsatz erzielt als in den größten Nationen),
Gobal Players (die regionales und lokales vernichten),
Banken und Börsen (die in der virtuellen Computerwelt, getrennt von der Realwirtschaft, Geldspiele vollziehen, die ganze Nationen und Erdregionen in den Lebensabgrund stürzen).

So wurde „das Streben nach Reichtum zu dem Endzweck, reich zu s e i n .“ (Max Weber,1905, S.151) Und das dürfte auch das Ende sein!

So schlußfolgert der kluge Gesellschafts-Analytiker Martin Herzog 2005:
„Dieser gegenwärtige Post-Kapitalismus darf also mit Fug und Recht, mit der Zustimmung der Begründer des Kapitalismus, als „Scheisskapitalismus“ bezeichnet werden.“

„Glücklich das Land, das keine Reichen nötig hat.“

Bertold Brecht